Schon wieder ein Fußballvergleich? Ja! Durch die Erkenntnisse aus der zurückliegenden EM möchten wir in diesem Beitrag den Fokus auf den Video-Assistenten (genau: Video Assistance Referee, kurz: VAR) legen. Denn kein anderes Thema verdeutlicht aktuell so gut, was passiert, wenn Entscheidungen durch die Analyse und die Anweisungen (oder das Fehlen dieser) auf Basis eines technischen Systems getroffen werden. Und dabei stellt sich uns die Frage: Wird in naher Zukunft nur noch künstliche Intelligenz (KI) zur Entscheidungsfindung herangezogen werden, während das menschliche Ermessen in den Hintergrund tritt?

„KI-Schiri, wir wissen, wo dein Server steht!“

Die gute Nachricht dabei wäre: Endlich Schluss mit Drohungen der gegnerischen Fans an Schiedsrichter:innen wie „Wir wissen, wo dein Auto steht“ und den vielen Beleidigungen bei vermeintlich falschen Entscheidungen während des Fußballspiels. Schiedsrichter:innen leiten das Spiel, gewährleisten die Einhaltung der Regeln, verhängen Ermahnungen und sorgen mit ihren Entscheidungen und Disziplinarmaßnahmen für Fairness und Transparenz im Spiel. Die zentrale Rolle besteht darin, den gerechten Ablauf des Spiels zu sichern und unvoreingenommen zu entscheiden. Die Einführung des VAR hat in der Vergangenheit häufig für Diskussionen gesorgt und nicht nur wegen der verlängerten Spielzeiten Kritik hervorgerufen. Dennoch ist der VAR inzwischen ebenso ein fester Bestandteil des Spiels wie die Sensorenauswertung des Spielballs.

Die Erweiterung des VAR um ein ausschließlich auf KI basiertes System würde viele Vorteile bieten: Jede noch so kleine Regelverletzung würde in Echtzeit erkannt, jedes Handspiel angezeigt, Abseitspositionen mit millimetergenauer Präzision bestimmt und selbst die kniffligsten Elfmeterentscheidung objektiv bewertet werden können. Parallele Vergleiche mit aufgezeichneten Spielen könnten in Sekundenschnelle herangezogen und darauf basierende Disziplinarmaßnahmen direkt angeordnet und auch dem Publikum über Screens transparent dargestellt werden (zum Thema: Wie Künstliche Intelligenz (KI) den Fußball revolutioniert: Ein Blick auf aktuelle Trends und Entwicklungen, IT-P GmbH, 24.06.2024).

Aber reicht das aus, um das Herz und die Seele des Spiels zu bewahren? Kann ein KI-System bei Grenzentscheidungen die Spielsituation genauso berücksichtigen wie menschliche Schiedsrichter:innen, die die Faktenlage intuitiv anders bewerten könnten?

Der Faktor Mensch

Fußball ist mehr als nur ein Spiel – es ist ein emotionales Erlebnis, das Millionen von Fans weltweit verbindet. Es lebt von der Leidenschaft, der Aufregung und manchmal auch von der Kontroverse. Ein wesentlicher Bestandteil dieser Emotionen sind die Schiedsrichter:innen, die auf dem Spielfeld stehen. Sie sind nicht nur Regelhüter:innen, sondern auch Teil der Dramaturgie. Ihre Gesten, ihre Entscheidungen und auch ihre Fehler tragen zur Spannung und Unvorhersehbarkeit bei, die den Fußball so einzigartig machen.

Menschliche Entscheidungen außerhalb der reinen Faktenlage sind im Fußball entscheidend, da sie das Spiel dynamisch und fair gestalten. Schiedsrichter:innen, die Spielerinteraktionen managen, robusten Zweikämpfen mit Fingerspitzengefühl begegnen, Wetterbedingungen berücksichtigen, bei Verletzungen sofort reagieren und emotionale Momente sensibel behandeln, tragen wesentlich zur Authentizität und Spannung des Spiels bei. Diese intuitive und situationsabhängige Entscheidungsfindung fördert den Spielfluss, ermutigt die Spieler:innen, mit hoher Intensität zu agieren, und erhält so die Dynamik und Spannung des Spiels.

Im Vergleich: Controlling und Innenrevsion

Auch das Controlling und die Innenrevsion von Banken und Unternehmen haben sich in den letzten Jahren erheblich weiterentwickelt, nicht zuletzt dank des Einsatzes modernster Technologien. Auch hier haben Künstliche Intelligenz (KI) und Automatisierung Einzug gehalten und versprechen, die Effizienz und Genauigkeit von Prüfprozessen zu revolutionieren.

Die Vorstellung, dass KI-Systeme die gesamte Interne Revision und das Controlling übernehmen, mag faszinierend sein. KI kann riesige Datenmengen in Sekundenbruchteilen analysieren, Anomalien und Risiken präzise erkennen und sogar komplexe Muster aufdecken, die der menschlichen Prüfung entgehen könnten. Dennoch sind menschliche Entscheidungen, auch abweichend von der Faktenlage, in der internen Revision von Banken unerlässlich. Beispielsweise können erfahrene Prüfer:innen den Kontext und die Absichten hinter bestimmten Transaktionen besser verstehen und bewerten, ob es sich um unbewusste Fehler oder absichtliche Täuschungen handelt.

In Situationen, in denen Mitarbeiter:innen ungewöhnliche, aber legitime Entscheidungen treffen, können menschliche Prüfer:innen die Hintergründe erfragen und eine fundierte Beurteilung vornehmen. Auch bei der Bewertung der Unternehmenskultur und der Einhaltung von ethischen Standards sind menschliche Entscheidungen ausschlaggebend, da sie die Nuancen von menschlichem Verhalten und die Dynamik innerhalb der Teams berücksichtigen können. Solche Aspekte sind für KI schwer zu erfassen, weshalb menschliche Intuition und Erfahrung bei der internen Revision unverzichtbar bleiben.

Fazit: KI kann Fakten checken, Entscheidungen treffen Menschen

In einer Welt, in der Technologie immer mehr Raum einnimmt, ist es wichtig, das Menschliche zu bewahren. Ob Controller:innen, Prüfer:innen oder Schiedsrichter:innen: ihre Kompetenzen gehen über die reine Regelüberwachung deutlich hinaus. Sie sind nicht nur Regelhüter:innen, sondern integraler Teil eines Prozesses, der das Vertrauen und die Integrität sichert. KI kann eine wertvolle Unterstützung sein, aber sie sollte niemals menschliche Entscheider:innen ersetzen.

Und zudem wäre im Fall von zukünftigen KI-Schiedsrichter:innen im Fußball zu klären:
Wer trägt nach dem Spiel den Ball vom Platz?

 

Was das Regelwerk für den Fußball ist, ist die MaRisk für Banken und Kreditinstitute. Die BaFin hat die 8. Novelle der MaRisk veröffentlicht. Einen aktuellen Überblick über die wesentlichen Änderungen gibt Dr. Christoph Kunze vom Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken e.V. in diesem Beitrag.

Die Beachtung von regulatorischen Pflichten im Bankgeschäft wirft viele rechtliche Fragen auf, sowohl für die Bankorganisation als auch für die einzelnen Mitarbeiter. Mit unseren Fachinformationen möchten wir Sie dabei unterstützen.

 

Ein Gastbeitrag von Sabine Birli, DG Nexolution

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