Wir leben in einer Zeit, in der die Auswahl eines Kühlschranks zur Wissenschaft erhoben wird. Stundenlang surfen wir durch Online-Shops, vergleichen Bewertungen, prüfen die Vor- und Nachteile von „No-Frost“ und „BioFresh“, und befassen uns mit der Dezibelzahl des Gerätes, als hinge davon unser Leben ab. Auch für die Suche nach der perfekten Urlaubslocation verwenden wir viel Zeit und Energie. Bloß keine Fehler machen! Nicht das falsche Hotel buchen oder etwa ein Restaurant mit schlechten Bewertungen. Während wir in diesen Bereichen alles akribisch bis ins Detail planen, zögern wir bei Entscheidungen mit langfristigen Folgen – etwa bei der Altersvorsorge oder betreuungsrechtlichen Regelungen. Warum ist dies so?

Konsumverhalten „Instant Gratification“

Dieses Verhaltensmuster beschreibt das Bedürfnis nach sofortiger Belohnung oder Befriedigung, ohne auf eine langfristige, möglicherweise größere Belohnung warten zu wollen. Das führt häufig zu kurzfristigem Denken und schnellen Entscheidungen, während langfristige Ziele und Vorteile dabei in den Hintergrund treten. Der Grund dafür? Wir leben in einer Gesellschaft, die stark auf Konsum fokussiert ist. Werbung und Social Media verstärken zudem das Bedürfnis nach sofortiger Belohnung und Genuss, was dazu führt, dass viele lieber ihr Geld für unmittelbare Wünsche und Erlebnisse ausgeben, anstatt es für die Zukunft zurückzulegen.

Lebensgefühl „Forever young“

Kurz gefasst lässt sich sagen, dass das „Forever young”-Lebensgefühl eine Mischung aus gesellschaftlichen Erwartungen, persönlichen Ängsten und modernen Möglichkeiten ist. Diese Faktoren tragen dazu bei, dass junge Menschen das Thema Altern lieber aufschieben, anstatt sich aktiv damit auseinanderzusetzen. Hinzu kommt, dass langfristige Entscheidungen in diesem Zusammenhang oft von Unsicherheit und Komplexität geprägt sind: Variablen wie Zinsen, Inflation oder Lebenserwartung sind schwer vorhersehbar. Diese Unsicherheiten, fehlendes Wissen und oft begrenzte finanzielle Mittel führen dazu, dass solche Entscheidungen vertagt werden.

Zudem stehen in jungen Jahren andere Lebensziele wie Studium, Karriere oder Familiengründung, die Zeit, Energie und finanzielle Ressourcen beanspruchen, im Vordergrund. Das Gefühl, unbesiegbar zu sein und genügend Zeit für „ernste“ Themen zu haben, lässt die Altersvorsorge oft als weniger wichtig erscheinen.

Der fehlende Schubs?

Das sogenannte Nudging kann bei der Altersvorsorge eine entscheidende Rolle spielen, indem es Menschen subtil dazu anregt, frühzeitig finanzielle Vorsorgemaßnahmen zu treffen. Eine Kampagne der Deutschen Rentenversicherung Baden‐Württemberg und der Landeshauptstadt Stuttgart ermutigt besonders Frauen, sich mit ihren Finanzen im Alter zu beschäftigen. Die Kampagne „Halbtagsjob = Halbtagsrente“ möchte die besonders von Altersarmut betroffenen Halbtagsarbeitenden (in den meisten Fällen Frauen) motivieren, ihre Altersvorsorge aktiv in die Hand zu nehmen (zur Kampagne).

Auch die Bundesregierung plant, ab dem 1. Januar 2026 mit dem Altersvorsorgedepot die private Altersvorsorge zu stärken. In einem Interview informiert Staatssekretär Dr. Florian Toncar, wie das geplante Altersvorsorgedepot aussehen soll – und warum es nicht nur Anlegern, sondern auch Finanz- und Anlageberatern neue Chancen eröffnen kann (hier gelesen am 03.09.2024: Altersvorsorgedepot: „Wir wünschen uns einen intensiven Wettbewerb”, FONDS professionell ONLINE).

Fazit: Den Blick nach vorn wagen

Es ist menschlich, die angenehmen Dinge des Lebens zu priorisieren und unangenehme Entscheidungen zu vertagen. Doch vielleicht sollten wir uns gelegentlich daran erinnern, dass ein wenig Mühe heute uns später einige Entbehrungen ersparen kann. Kühlschränke und Urlaube sind schön und gut, aber die wirklich wichtigen Entscheidungen betreffen unsere Zukunft – und es lohnt sich, ihnen die gleiche Aufmerksamkeit zu schenken.

Denn eines ist sicher: „Später“ kommt schneller, als man denkt. Und niemand möchte im Alter bei der Wahl eines Kühlschranks oder eines Hotels ausgebremst werden, weil das nötige Geld dafür fehlt.

 

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Jüngere bevorzugen Fondssparen – Wussten Sie, dass unter den 20- bis 29-jährigen Befragten 56 Prozent überdurchschnittlich viele dieses Anlagemodell für einen Vermögensaufbau besitzen? Weitere Details lesen Sie in unserem Fachbeitrag.

 

Ein Gastbeitrag von Sabine Birli, DG Nexolution

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