Nie mehr Zinsformeln, Buchungssätze, Grammatik in der Ausbildung pauken? Künstliche Intelligenz (KI) besitzt bereits das erforderliche Wissen darüber: Nur noch die Fragestellung oder Aufgabe in den KI-Editor eingeben und prompt erscheint die Antwort, und zwar wohlformuliert und wohlgeformt, ohne dass wir uns selbst im Vorhinein mit dem Thema auseinandergesetzt haben müssten. Bevor nun ein befreiender Juchzer durch alle Schulen, Unis und Ausbildungsstätten geht, stellen wir uns die Frage: Entbindet KI tatsächlich von der zuweilen ermüdenden Aneignung von Grundsatzwissen?

KI im Schwimmbad und anderswo

Ehe wir uns dem theoretischen Teil des Themas widmen, machen wir zunächst einen erfrischenden Ausflug ins Schwimmbad, denn: KI kann Leben retten. Wie das? Jeder kennt den Autopiloten im Flugzeug, das Navigationssystem im Verkehr, KI ist in viele Dinge unseres Alltags bereits eingebunden. Aber im Schwimmbad?

Im Frei- und Hallenbad Kleinfeldchen der hessischen Landeshauptstadt Wiesbaden wurde ein System installiert, das Badegäste per Künstlicher Intelligenz überwacht und bei Anzeichen von Ertrinken die Rettungsschwimmer alarmiert – inklusive Foto und genauem Standort im Becken (Beitrag Hessenschau vom 04.04.2023).

Wie das funktioniert? Laut Thomas Baum, Betriebsleiter beim Wiesbadener Badbetreiber mattiaqua, zeichnen installierte Kameras Bewegungen im Wasser auf und erstellen Bewegungsprofile der Schwimmer, die von der KI analysiert werden. Sobald Bewegungsmuster auffällig seien, werde das Personal über eine Smartwatch alarmiert. Die Uhr gebe dann einen lauten Piepton ab und vibriere. Außerdem werden auf dem Display ein roter Punkt als genaue Positionsangabe und drei Bilder der Situation angezeigt.

Macht dies den Bademeister/die Bademeisterin überflüssig? Ganz klar: Nein!, denn die Prüfung des angezeigten Notfalls und eventuelle Rettung erfolgt durch den Menschen. Auch das Abwägen, ob das Bewegungsmuster zu einem Ertrinkenden passt oder das Strampeln unter Wasser lediglich eine Wasserschlacht zwischen ausgelassenen Kindern ist, kann nur ein Mensch prüfen. So obliegen die Inaugenscheinnahme und Lebensrettung weiterhin der Aufsichtsperson und machen das dazu erforderliche (Basis-)Wissen unentbehrlich.

ChatGPT, dein Freund und Helfer

Für die meisten Schüler:innen, Azubis und Student:innen ist die KI ChatGPT bereits ein nützliches Tool bei der Themenrecherche, dem Anfertigen von Hausarbeiten, dem Lösen von Fragestellungen. Gibt man im ChatGPT-Editor die (etwas philosophisch angehauchte) Frage ein: Wie soll ich Dich denn nennen? Erhält man als eine mögliche Antwort: Du kannst mich Assistent nennen. Aha. Die KI selbst (hier kursiv gedacht) bezeichnet sich demnach als eine Art Helfer – oder definiert sich so, wie sie es von Menschen antrainiert bekommen hat. Für den Augenblick kann man dies erstmal so stehenlassen. Ergo: Der das Tool benutzende Mensch muss das System trainieren, kontrollieren und füttern, damit es Aufgaben lösen kann.

So kann – wie im obigen Beispiel – der Bademeister/die Bademeisterin nicht bei jeglicher Gefahr sofort zur Stelle sein, doch der KI-Assistent liefert schnell die Anzeichen für einen möglichen Badeunfall, sodass dies sofort geprüft und entsprechend gehandelt werden kann.

Basiswissen pauken ist weiterhin erforderlich?

Diese Frage ist (leider) mit einem klaren Ja! zu beantworten. Denn: Sollte das System sich irren, muss der Fehler erkannt, nachvollzogen und korrigiert werden können.

Ist die von einer App errechnete monatliche Kreditrate in Höhe von 30.000 Euro wirklich real? Ist das Einbiegen eines selbstfahrenden Autos in die Fußgängerzone richtig? Soll ich wirklich dem Navisystem folgen und auf der Autobahn wenden? Leider sind solche fehlerhaften Ergebnisse nicht immer so offensichtlich wie in den genannten Beispielen.

Menschliche Korrekturen und Backloops trainieren die KI, damit sie zum effizienten und verlässlichen Helfer wird. Und somit ist das Wissen über die Hintergründe der zu lösenden Aufgaben nach wie vor erforderlich. Die gute Nachricht an allen Lernenden: KI wird uns zunehmend Routinearbeiten abnehmen, sodass mehr Zeit für die Bewältigung komplexer und kreativer Aufgaben bleibt. KI kann Massendaten auswerten, zeitraubende Statistiken erstellen und Fehleranalysen durchführen, Auffälligkeiten in Systemumgebungen entdecken und vieles mehr. KI bietet neben ihren bekannten Risiken der Manipulation des ihr zur Verfügung stehenden Datenmaterials und Häufigkeitswissen viele Vorteile.

Doch eines wird sie so schnell nicht zeigen: den (menschlichen) Zweifel am gelieferten Ergebnis. Die KI-erzeugten Ergebnisse 1:1 anzunehmen und ausschließlich darauf zu vertrauen wäre fatal.

Unser Fazit im Umgang mit KI: Bleiben Sie wissbegierig und kritisch!

Übrigens: Für dieses Editorial wurde eine Themenabfrage in ChatGPT gestellt. Das interessanteste Ergebnis hat unsere Redaktion herausgepickt, diskutiert und weiter ausgesponnen.

 

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Ein Gastbeitrag von Sabine Birli, DG Nexolution

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