Ob Kleidung, Nahrungsmittel, Kosmetikprodukte oder Geldanlage: nachhaltig müssen Sie sein. Begriffe wie klimaneutral & Co. sind die gefundene PR-Strategie, um für mehr Verkaufszahlen und zugleich bei Verbraucherinnen und Verbrauchern für ein gutes Gewissen zu sorgen. Ob die zugesicherten Eigenschaften jedoch wirklich zutreffen oder ob es sich dabei nur um ein sogenanntes Greenwashing handelt, ist für Verbraucherinnen und Verbraucher schwer nachzuvollziehen. Wir betrachten in diesem Editorial Werbung für ein grünes Produkt, das ohne Greenwashing auskommt und Produktanpreisungen, bei denen grün nur Augenwischerei ist.

Caras Sprung ins Abwasserbecken

Mit dem Slogan Erlebe die Schönheit von fossilfreiem Wasserstoff wirbt der Energiekonzern Vattenfall mit dem britischen Model und der Klimaaktivistin Cara Delevingne für grünen Wasserstoff. Der beachtenswerte Werbespot ist eine ironische Interpretation von High-Fashion-Shootings, für die das Model üblicherweise gebucht wird. Nach einem Sprung ins (emissionsfreie) Abwasserbecken sprüht sich die Schöne verschwenderisch das Gesichtsspray mit dem Namen „Industrial Emissions Face Mist“ ins Gesicht, das – dem Hersteller zufolge – aus dem industriellen Abwasser einer Anlage in Nordschweden stammt. Dieses Spray – nicht im Handel erwerblich und nur gegen eine Registrierung erhältlich – war in kürzester Zeit vergriffen. (Schade, wir hätten gerne einen Selbstversuch gewagt).

Der Spot zeigt, dass überzeugende, authentische Testimonials eine wichtige Rolle dabei spielen können, um eine bestimmte Zielgruppe für Klimaziele zu sensibilisieren, wie in diesem Fall für einen der aussichtsreichsten Energieträger der Zukunft.

Regulation against Greenwashing

Immer mehr Klagen von Verbraucher- und Interessensverbänden beschäftigen die Gerichte, in denen Produktwerbung mit dem expliziten Hinweis auf Klima- und Umweltfreundlichkeit betrieben wird, die aber nicht nachweisbar, fälschlich oder nicht messbar ist.

Aktuell gab das Landgericht Karlsruhe einer Unterlassungsklage der Deutschen Umwelthilfe (DUH) statt (Urt. v. 26.07.2023, Az. 13 O 46/22 KfH), dass die Drogeriemarktkette dm bestimmte Produkte ihrer Eigenmarken nicht als „umweltneutral“ oder „klimaneutral“ bewerben darf, da hier der Hinweis fehle, worin genau diese Neutralität bestehe (zitiert nach: DHU Pressemitteilung vom 26.07.2023).

Das Landgericht Stuttgart ist in seinem Urteil (AZ 36 O 92/21 vom 31.01.2022, hier besprochen: Verbraucherzentrale Baden-Württemberg – Urteil gegen Greenwashing bei Commerz Real) dem Klageantrag der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg gefolgt. Dieser beinhaltete, dass bei einer werblichen Ankündigung, eine Geldanlage könne dazu geeignet sein, den persönlichen CO2-Fußabdruck zu reduzieren, eine dezidierte Einsparung nicht beweisbar sei und dementsprechend den Verbraucher in die Irre führe.

Die EU Kommission hat bereits im März d. J. gemeinsame Kriterien gegen Grünfärberei und irreführende Umweltaussagen vorgeschlagen (siehe Pressemitteilung vom 23.03.2023). Damit sollen Verbraucherinnen und Verbraucher mehr Sicherheit darüber erhalten, dass das, was als klimaneutral und nachhaltig bezeichnet und verkauft wird, auch tatsächlich nachweisbar umweltfreundlich ist.

Transparenz sorgt für Vertrauen

Werbung und Produktbeschreibungen mit Begriffen wie klimaneutral & Co. sollten stets hinterfragt werden. Eine Regulierung bei der Produktwerbung, verlässliche Nachhaltigkeitszertifikate und unabhängige Bewertungen sind dabei ein guter Anfang, um die Echtheit von grünen Bemühungen zu überprüfen. Denn welcher Verbraucher ist in der Lage, den Produktionsprozess oder die Lieferkette auf Klimaneutralität und Nachhaltigkeit hin zu durchschauen.

Je kritischer Verbraucherinnen und Verbraucher, Interessensverbände und Gesetzgeber hinschauen, desto eher dürfte zu erwarten sein, dass Greenwashing spürbar verschwindet, weil mehr Unternehmen in echte Nachhaltigkeitsaktivitäten investieren. Und Transparenz und Authentizität kann langfristig für Vertrauen bei Kundinnen und Kunden sorgen. Für alle Verbraucherinnen und Verbraucher gilt: wachsaum bleiben und sich nicht von einer grünen Schale täuschen lassen.

By the way

Wir haben ChatGPT gefragt:

Liebe KI, wie könntest du dazu beitragen, unlautere Werbung mit Begriffen wie „klimaneutral“ und „umweltneutral“ also Greenwashing zu verhindern?

Darauf ChatGPT:

Als KI kann ich dazu beitragen, unlautere Werbung mit Begriffen wie „klimaneutral“ und „umweltneutral“ zu verhindern, indem ich eine automatische Überprüfung von Werbeinhalten durchführe. Ich kann nach Anzeichen von Greenwashing suchen, indem ich auf verdächtige Formulierungen und unbegründete Behauptungen achte. Außerdem kann ich Nutzer über mögliche Greenwashing-Praktiken informieren, um ein Bewusstsein für dieses Problem zu schaffen. Allerdings ist es wichtig zu beachten, dass die endgültige Beurteilung immer noch von Menschen durchgeführt werden sollte, da Kontext und Feinheiten oft eine menschliche Interpretation erfordern.

Wir sind begeistert.

 

Nachhaltigkeit ist eines der Megathemen unserer Zeit. Finanzinstitute, die sich mit Nachhaltigkeit beschäftigen, stehen vor einer großen Herausforderung, da das Thema viele unterschiedliche Ebenen gleichzeitig anspricht. Im Modul „Green Finance“ finden Sie rechtliche Aspekte und viele Best-Practice-Beispiele zum Schwerpunktthema Nachhaltigkeit.

Bereits heute gelten für Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitenden Pflichten zur Nachhaltigkeitsberichterstattung. Spätestens ab dem 01.01.2025 gelten diese auch für Unternehmen mit mindestens 250 Mitarbeitenden. Wir unterstützen Sie bei der Erstellung des Nachhaltigkeitsberichts. Infos dazu finden Sie hier.

In der Ausgabe 12/2022 der BankInformation informierten Autorinnen und Autoren aus der genossenschaftlichen FinanzGruppe in mehreren Beiträgen über die Herausforderungen, die sich für Banken im Zusammenhang mit dem Thema Nachhaltigkeit ergeben. Welche Aufgaben dabei obligatorisch und welche fakultativ für Genossenschaftsbanken sind, darüber schreibt die Präsidentin des BVR, Marija Kolak, im Titelbeitrag der Ausgabe Pflicht und Kür.

 

Ein Gastbeitrag von Sabine Birli, DG Nexolution

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