Es gibt Produkte, die unauslöschlich mit Kindheitserinnerungen verbunden sind. Dazu gehört für die Generation der über 40-Jährigen zweifelsfrei Sunkist. Der Orangentrunk im kultigen pyramidenförmigen Trinkpäckchen stand für endlose Sommertage am See und im Schwimmbad, war Begleiter bei Ausflügen und Trinkspaß bei Geburtstagsfeiern. Dass hinter diesem Produktnamen eine der größten US-amerikanischen Genossenschaften steht, ist/war vielen nicht bekannt. Wir verlängern den Sommer und tauchen ein in eine Erfolgsstory made in California.

Once Upon a Time in the Wild, Wild West

1848 spülte der aufkommende Goldrausch und die Sehnsucht nach dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten eine Welle von Gold- und Glücksuchenden an die Küste des US-Staates Kalifornien. Der damit verbundene Anstieg der Bevölkerung sorgte in den darauffolgenden Jahrzehnten für einen Bedarf an vitaminreicher Nahrung, was zu einem Ausbau der Anbauflächen für Zitrusfrüchte führte.

Die Plantagenfarmer mussten bis dahin auf eigene Kosten die regionalen Märkte beliefern und waren für den Verkauf zuständig, der Verdienst war entsprechend gering. So entstanden um 1891 die ersten Zusammenschlüsse von Orangenfarmern, die sich gegenseitig unterstützten, Ernteausfälle absicherten sowie Logistik und Vertrieb der Zitrusfrüchte organisierten. 1893 gründeten sie die nach genossenschaftlichen Prinzipen operierende Southern California Fruit Exchange.

Von der Sonne geküsst

Die verbesserte Logistik für die Zitrusfrüchte und der Ausbau der Eisenbahnlinie sorgten für einen wirtschaftlichen Aufschwung und neue Absatzmärkte. 1906 beauftragte die Genossenschaft die Werbeagentur Lord & Thomas, einen Produktnamen für die angebauten Zitrusfrüchte zu entwickeln. So entstand der Name Sunkist – kurz für sun kissed, von der Sonne geküsst. Die Genossenschaft firmierte ab 1908 unter dem neuen Namen Sunkist Growers, Inc.

Als in den Folgejahren die Orangenproduktion auf einem Höhepunkt war, so dass mehr Früchte geerntet als verkauft werden konnten, erfand die Agentur einen Slogan, der zum Mainstream (nicht nur) in der amerikanischen Gesellschaft wurde: Das frischgepresste Glas Orangensaft zum Frühstück. Mit der 1916 eröffneten Werbekampagne „Drink an Orange“ schlug man zwei Fliegen mit einer Klappe: Durch den geschickt verpackten Appell an die Gesundheit und der genialen Idee, als Productbundle Orangen mit Handentsafter anzubieten, wurde der Orangenkonsum gesteigert, da für die Safterzeugung mehr Früchte benötigt wurden, als durch den reinen Verzehr (hier gelesen: How Orange Juice Became the World’s Breakfast Beverage, Nosa, veröffentlicht 2018 bei https://www.eatdrinklagos.com).

In den1960er-Jahren schwappte Sunkist schließlich in Form von Orangenkonzentrat aus dem sonnigen Kalifornien über den großen Teich nach Europa. Die deutsche Firma Rickertsen Produktions-Gesellschaft mbH erwarb die Lizenz für die Vermarktung und füllte den Trunk in die von Tetra Pak (ursprünglich für Milch) entwickelten pyramiden- bzw. tetraederförmigen Trinkbeutel ab.

Der Erfolg ließ nicht lange auf sich warten und so wurde Sunkist der erste To-go-Drink. Mit aufgeklebtem Trinkröhrchen und der auslaufsicheren und leichten Handhabung wurde damit ein neuer Trend gesetzt, der bis in die 1990er-Jahre anhielt.

Die genossenschaftliche Idee: Anfänge im kühlen Westerwald

Was macht die genossenschaftliche Idee besonders geeignet für regionale Belange? Ihre Anpassungsfähigkeit und Flexibilität. Genossenschaften können sich auf die Bedürfnisse und Gegebenheiten vor Ort zuschneiden, sei es in der Landwirtschaft, im Handel oder in anderen Wirtschaftszweigen.

Bereits 1849 gründete der Sozialreformer Friedrich Wilhelm Raiffeisen mit dem Flammersfelder Hülfsverein zur Unterstützung unbemittelter Landwirte die erste landwirtschaftliche Genossenschaft. 1864 zeigte er mit der Gründung des Heddersdorfer Darlehenskassen-Vereins, dass Genossenschaften nicht nur zur Überwindung wirtschaftlicher Herausforderungen und Nöte beitragen, sondern auch die soziale Bindung und den Zusammenhalt in der Gemeinschaft stärken können.

Raiffeisens Erbe lebt in Genossenschaften auf der ganzen Welt weiter, die lokale Belange unterstützen und nebenbei wirtschaftliche Erfolge erzielen.

Für heute bleiben wir noch ein wenig in der sommerlichen Stimmung, träumen uns zurück in Kindheitserinnerungen und in die Orangengärten Kaliforniens, ganz in the Mood of California Dreamin‘ (Song der 1970er-Jahre-Band The Mamas and the Papas – unbedingt rein- oder wieder hören).

 

Welche Vorteile Genossenschaften haben und wie sie funktionieren, lesen Sie hier.

Auch die Volksbanken und Raiffeisenbanken sind Genossenschaften. Die Mitgliederorientierung ist sogar in der Satzung festgeschrieben. Wie die Unternehmensform angelegt ist, erfahren Sie in „Die Satzung der Kreditgenossenschaften“.

Außerdem bei uns:

Schon heute halten viele Genossenschaftsbanken eine Generationenberatung vor. Hier werden Stiftungsformen und -arten häufig dann nachgefragt, wenn es keine (oder keine geeigneten) Erben gibt. Keinesfalls zum Selbstzweck: Ziel ist es, das Vermögen des jeweiligen Kunden über den Tod hinaus in der genossenschaftlichen FinanzGruppe weiter zu verwalten. In ihrem Beitrag in der BankInformation informieren die Autoren Chris Fojuth und Hans-Dieter Meisberger, beide tätig im Stiftungsmanagement der DZ Privatbank S.A., über die Nutzen von Stiftungen für Genossenschaftsbanken.

 

Ein Gastbeitrag von Sabine Birli, DG Nexolution

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