Wie wäre es, wenn sprachbasierte Chatbots wie Alexa und Siri, die digitalen Sprachassistenten von Amazon und Apple, plötzlich ein menschliches Gesicht bekämen? Für diejenigen, die Alexa und Co. bereits fest in ihren Alltag integriert haben, könnte die Vorstellung faszinierend sein. Aber auch für weitere Customer-Support-Einsätze, beispielsweise im Bankenbereich, ist die Idee einer/eines 24/7-Ansprechpartnerin/ Ansprechpartners mit menschlichen Zügen und Mimik verlockend. Wurde hier bereits das Retailbanking für das standardisierte Privatkundengeschäft mit Chatbots ergänzt, wäre der Einsatz von KI-Avataren the next level. Doch was unterscheidet die bisherigen Chatbots von sogenannten Avataren auf Basis Künstlicher Intelligenz (KI)?

Avatar – das bessere Double?

Avatar, der Begriff stammt aus der hinduistischen Mythologie und bedeutet hier die Inkarnation eines göttlichen Wesens in physischer Form, das eine bestimmte Aufgabe zu erfüllen oder eine Rolle zu spielen hat. In der digitalen Welt wurde dieser Begriff übernommen, um virtuelle Identitäten zu beschreiben, die von Benutzern angenommen werden, um in digitalen Umgebungen zu interagieren. Avatare sind virtuelle Stellvertreter von Benutzern in Computerspielen, Online-Communities und anderen digitalen Umgebungen. Avatare können individuell gestaltet und angepasst werden, um eine persönliche Identität oder ein gewünschtes Image zu repräsentieren.

KI-Avatare zeichnen sich im Vergleich zu herkömmlichen Chatbots durch ihre Fähigkeit aus, menschenähnliche Interaktionen zu ermöglichen. Sie verwenden fortschrittliche Natural Language Processing (NLP)-Technologien, um komplexe Gespräche zu führen und menschenähnliche Antworten zu generieren. Durch maschinelles Lernen und kontextsensitive Verarbeitung können sie besser auf die Bedürfnisse der Benutzer eingehen und eine personalisierte Unterstützung bieten. KI-Avatare fungieren als Stellvertreter für reale Personen, mit dem Vorteil, dass sie keine schlechte Laune haben, keine unerwarteten Anrufe erhalten, keine Zeitprobleme haben und damit stets gleichbleibend ihre Aufgaben ausführen.

Ade, Schwarzwaldmädel

Zugegeben, der Chatbot namens Marie der Volksbank Freiburg mit regional traditionellem Bollenhut ist zauberhaft. Doch Marie und ihren Freunden VRena, TEA, VReddy fehlt im Gegensatz zu KI-Avataren – neben der starren Grafik – die Fähigkeit, auf individuelle Fragen im Customer Support zu reagieren.

Laut Pressemitteilung vom November 2023 plant die Commerzbank den Einsatz von KI-Avaren, um ein interaktives Erlebnisbanking mit individueller Beratung zu ermöglichen. Dabei wird der Microsoft Azure OpenAI Service für fortgeschrittene GPT-Modelle genutzt, um natürliche und ansprechende Konversationen zu führen. (hier gelesen: Commerzbank plant Banking Avatar auf Basis von Künstlicher Intelligenz, www.commerzbank.de, 17.11.2023).

Die Firma Soul Machines aus Neuseeland nutzt die Technologie von IBM Watson, um einem Chatbot ein authentisches Gesicht zu verleihen. Dies geht über herkömmliche Gesichtsanimationen in Computerspielen hinaus, da die Sprachausgabe des Chatbots nicht vorab festgelegt ist, sondern sich dynamisch je nach Gespräch mit einem Menschen entwickelt (hier gelesen: Wenn Alexa ein Gesicht bekommt – Wie Chatbots zu menschlichen Einkaufsberatern werden, pixupmedia.com, 08.03.2024).

Ist die nächste Stufe des Mensch-Maschine-Dialogs damit in greifbare Nähe gerückt?

„Schöne neue Welt“

Wir verwenden zum Ausblick und zur Sensibilisierung für dieses Thema wieder einmal den Titel des dystopischen Romans von Aldous Huxley. In diesem Roman – 1932 veröffentlicht – beschreibt Huxley eine futuristische Gesellschaft, in der Technologie, Konsumismus und soziale Kontrolle vorherrschen, während Individualität und emotionale Tiefe unterdrückt werden.

Der technische Fortschritt ist auch in der Wirklichkeit nicht aufzuhalten und obwohl die Vision von KI-Avataren, die in der Lage sind, umfassende menschenähnliche Interaktionen durchzuführen, in greifbarer Nähe scheint, ist dies aktuell noch eine technisch „ruckelige“ Angelegenheit. Doch die Geschwindigkeit der technologischen Entwicklung muss im Auge behalten werden, zumal sich hier viele Fragen zum Datenschutz und ethische Bedenken hinsichtlich eines Einsatzes von KI-Avataren in Entscheidungs- und Beratungsprozessen ergeben werden. Denn trotz der Möglichkeit eines 24/7-Customer Supports mit gleichbleibender Freundlichkeit sollte nicht vergessen werden: ein KI-Avatar sammelt bei jedem Kundendialog Daten und hinter ihm steht ein geschäftliches Interesse.

Die Einführung von KI-Avataren sollte daher mit Verantwortung und klaren Richtlinien einhergehen. Denn die Option „den Stecker zu ziehen“ wird dann problematisch sein, wenn Fehler und Datenmissbrauch erst spät erkannt werden. Und sollte Kollege/Kollegin KI-Avatar erst einmal fest im Geschäftsprozess etabliert sein, ist ein „zurück auf Anfang“ nicht nur aus personalpolitischen Gründen schwer durchführbar.

 

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Die Volksbank Mittelhessen setzt eine KI ein, um die Kundenreise zu verbessern. Den Praxisbericht der Changemanagerin der Volksbank Mittelhessen lesen Sie hier.

 

Ein Gastbeitrag von Sabine Birli, DG Nexolution

 

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